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Gesprochen von Ferdinand Hecke

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Marokko will unabhängiger werden
Was sich derzeit auf dem afrikanischen Kontinent abspielt, ist undurchschaubar. Die internationalen Medien scheinen mit der Berichterstattung überfordert zu sein. Die französische Armee wurde aus Mali abgezogen. Mitte 2024 hat Frankreich durch einen Brief des Präsidenten Emmanuel Macron an König Mohammed VI. erstmals den Anspruch Marokkos auf das Gebiet Westsahara anerkannt. Sehr zum Ärger Algeriens. Man hört immer wieder, dass China und Russland große Projekte in Afrika initiieren. Aber wie gehen die alten Kolonialmächte mit der neuen Situation um? Und wie sehen das die Menschen in Afrika selbst?
Um ein wenig Klarheit darüber zu bekommen, beschloss ich, eine Reise nach Marokko zu unternehmen. Ein Land, das ich bis dahin bereits nahezu 15-mal besucht hatte. Meistens fuhr ich dabei in den Club Mediterranee, der vor 15 Jahren an ein chinesisches Unternehmen verkauft worden ist. So hielt ich es auch diesmal. Schon am ersten Tag meldete ich mich an der Rezeption und bat um ein Interview mit dem Chef des Clubs. Am nächsten Tag empfing mich der Marokkaner Aziz in der Halle. Er trug ein langes schwarzes Samtgewand, das am Ausschnitt mit goldenen Verzierungen bestickt war. Solche Kleider tragen üblicherweise Zirkusdirektoren. Er schwärmte von seinem Club und davon, dass nun ausschließlich Marokkaner angestellt wurden und der Betrieb nicht, wie es früher üblich gewesen war, von Franzosen übernommen wurde. Auf meine Frage hin, wie sehr die chinesischen Besitzer den Club steuern würden, gab er die Antwort, dass sie sich nicht um den Club kümmerten und alle Entscheidungen den Marokkanern überließen.
Zur selben Zeit schickte mir eine französische Freundin einen Artikel aus der Zeitung »Le Figaro«, in dem berichtet wurde, dass sich die neue Strategie des Clubs Mediterranee auf zwei Zielgruppen konzentrierte: Familien und Skifahrer – aus den USA, Europa und Asien. Von Afrika war in diesem Artikel keine Rede. So viel zum Fokus auf die Einheimischen. Zum Abschluss unseres Gesprächs erwähnte Aziz, dass sich derzeit 400 Kinder im Club von Marrakesch befänden.
Als ich zum Abschied eine junge Marokkanerin bat, meinen Koffer zum Ausgang befördern zu lassen, erlebte ich Folgendes: Ich sprach sie auf Französisch an, sie antwortete jedoch in einem unverständlichen Englisch. Viele Plakate in der ganzen Stadt verkündeten auf Englisch, dass Marokko ein bedeutendes Tourismusland werden wolle. Nur mit Plakaten und schlechtem Englisch wird das wohl nicht klappen. Marrakesch ist eine der vier Königsstädte in Marokko und ein beliebtes Touristenziel, aber eben auch eine Stadt, in der zwei Millionen Menschen leben. Was wird das in den nächsten Jahren wohl für ein Chaos geben?