Das Hotel New York in Rotterdam: Koffer voller Aufbruchsstimmung

Anlässlich einer Tagung in Rotterdam entdeckte ich bei einer Stadtrundfahrt im größten Hafen Europas ein altes Gebäude mit der Aufschrift „Hotel New York“. Ich spürte, dass dieses Haus eine Geschichte haben musste, und fuhr gemeinsam mit meiner Wiener Freundin Irmgard mit dem Taxi zum Hafen. Es war ein Jugendstilhaus und diente 1901 als Unterkunft für Emigranten der Holland–Amerika-Linie. Auswanderer vieler europäischer Länder wurden hier untergebracht, bevor sie mit dem Schiff über den Atlantik fuhren. 

Interessant war, dass die Inneneinrichtung einem Schiff glich. Man sollte sich schon mal an die lange Seereise gewöhnen. In der Cafeteria und im Speisesaal hatte man die alten Thonet-Stühle belassen und in den Korridoren standen alte braune Seekoffer aus Leder. Ich erinnerte mich daran, dass meine Großeltern damals eine Reise nach Amerika unternommen hatten und auf unserem Dachboden auch so ein Seekoffer stand. Auf der linken Seite waren Laden und rechts gab es ein Hängeabteil für lange Kleider und Anzüge. Es waren Koffer, zu deren Beförderung man unbedingt mehrere Träger brauchte.

In meiner Fantasie sah ich Frauen in langen schwarzen Kleidern und großen schwarzen Hüten. Und Männer in Tweed-Reiseanzügen und Mäntel mit Pelzkrägen. Dazwischen heitere Teenager und kleine Mädchen in Rüschenkleidern. Man trug Winterkleider. In ihren Gesichtern war eine Mischung von Abschiedstrauer und Neugierde zu erkennen. Neugierde auf einen neuen Kontinent, ein neues Leben. 

Nach so vielen Jahren lebte in den Mauern und Möbeln in dem später zum Hotel umgebauten Haus immer noch die Stimmung weiter, die damals unter den Auswanderern geherrscht hatte. So viele Europäer wanderten im 20. Jahrhundert nach Amerika aus. Auch in meiner Familie gab es solche Auswanderer.

Musik von Harald Oberlechner, Professor am Mozarteum Salzburg und Konservatorium Innsbruck

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